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Русская германистика. Ежегодник Российского союза германистов. Т. 15. Революция и эволюция в немецкоязычных литературах - стр. 26

Ein Schlaglicht auf das Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt in der Monade wirft die Stelle eines Briefes von Goethe an Schlosser vom 19. Februar 1815, wo Goethe Schlossers Annahme widerspricht, das Subjekt sei wie der Mollton in der Musik, „der Natur fernste“, da es wie jener „das Gemüth am entschiedensten gegen die Natur kehrt“ (Schlosser an Goethe, 11. Februar 1815 ([Dreyer 1985: 154]):

a) In der Natur ist alles was im Subjekt ist.

y) und etwas drüber.

b) Im Subjekt ist alles was in der Natur ist.

z) und etwas drüber.

b kann a erkennen, aber y nur durch z geahndet werden. Hieraus entsteht das Gleichgewicht der Welt und unser Lebenskreis, in den wir gewiesen sind.12

Y und z sind diskursiv nicht erfassbar, doch gerade ihr Verhältnis bestimmt den Zusammenhang zwischen dem individuellen Gesetz und der Weltordnung innerhalb einer Monade. Das Inkommensurable in der Natur sowie im Menschen lässt sich, so Goethe in seiner Schrift „Versuch einer Witterungslehre“, nur „im Abglanz, im Beispiel, Symbol, in einzelnen und verwandten Erscheinungen“ [Goethe 1988, XII: 305] betrachten – also als etwas Werdendes, Vergehendes, sich Verwandelndes. Die Konzepte von Dämon und Dämonischem scheinen y und z insoweit zu ähneln, als Goethe mit ihnen ebenfalls versucht, das Unbegreifliche zu erfassen.

3. „…Gegen das Dämonische recht zu behalten suchen“: die letzte Freiheit des Menschen

Das Bild der prästabilierten Harmonie, wonach das Innere sich durch die Wirkung der „Weltregierung“ erhöht und anregt, zerbricht an den konkreten Erfahrungen Goethes: den Erfahrungen der Gräuel der Revolution, der Besatzung, des Todes enger Vertrauter, von Ungerechtigkeit, die sich durch Gesetz und Ordnung nicht mehr ohne weiteres rechtfertigen lassen. Goethe war weder Utopist noch Optimist. Das Bild hat darum auch eine andere Seite: Der kleine Mensch ist eingeklemmt zwischen dem Gesetz seiner unbekannten Individualität und dem inkommensurablen Gesetz der Welt, das sich auch als ungeheure Katastrophe offenbaren kann, sodass das zweite Gesetz sich nur durch das erste, unbekannte ahnen lässt. Bleibt in dieser Welt damit überhaupt noch Platz für freies Handeln?

Wenn Goethe sich auch vom Dämonischen leiten lässt, so bedeutet das keineswegs Selbstvergessenheit oder die Selbsthingabe an den Willen höherer Kräfte. Vielmehr behauptet er, der Mensch könne und müsse auch angesichts des Dämonischen frei handeln – natürlich in einem bestimmten Rahmen: er sei also verantwortlich für die Verwirklichung seiner inneren Regungen.

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