Lebens-Ansichten des Katers Murr / Житейские воззрения кота Мурра - стр. 6
›Ich weiß‹, erwiderte der Fürst, als ich dies gesprochen, ›ich weiß gar nichts, und begreife überhaupt nicht, wie Ihr, Meister Abraham, mir solches wirres Zeug vorschwatzen könnt? Den Pontneuf kenne ich allerdings, er befindet sich zu Paris, und bin ich zwar niemals darüber zu Fuße gegangen, wohl aber oft darüber gefahren, wie es meinem Stande geziemt. Den Advokaten Rabelais habe ich niemals gesehen und um Soldatenstreiche in meinem ganzen Leben mich nicht bekümmert. Als ich in jüngeren Jahren noch meine Armee kommandierte, ließ ich wöchentlich einmal sämtliche Junker durchfuchteln für die Dummheiten, die sie begangen oder künftig noch begehen möchten, das Prügeln der gemeinen Leute war aber die Sache der Lieutenants, die damit, meinem Beispiel gemäß, auch allwöchentlich verfuhren, und zwar Sonnabends so, daß Sonntags es keinen Junker, keinen gemeinen Kerl in der ganzen Armee gab, der nicht seine gehörige Tracht Schläge erhalten, wodurch die Truppen, nächst der eingeprügelten Moralität, auch ans Geschlagenwerden überhaupt gewöhnt wurden, ohne jemals vor dem Feinde gewesen zu sein, und in diesem Fall nichts anders tun konnten als Schlagen. Das leuchtet Euch ein, Meister Abraham, und nun sagt mir um tausend Gotteswillen, was wollt Ihr mit Euerm Sturm, mit Euerm auf dem Pontneuf beraubten Advokaten Rabelais, wo bleibt Eure Entschuldigung, daß das Fest sich auflöste in wilder Verwirrung, daß mir eine Leuchtkugel ins Toupet fuhr, daß mein teuerer Sohn in das Bassin geriet und von verräterischen Delphinen bespritzt wurde über und über, daß die Prinzessin entschleiert mit aufgeschürztem Rock wie Atalanta durch den Park fliehen mußte, daß – daß – wer zählt die Unglücksfälle der verhängnisvollen Nacht? – Nun, Meister Abraham, was sagt Ihr?“
›Gnädigster Herr‹, erwiderte ich, mich demutsvoll verbeugend, ›was war an allem Unheil schuld als der Sturm – das gräßliche Unwetter, welches einbrach, als alles im schönsten Gange war. Kann ich den Elementen gebieten? – Hab' ich denn nicht selbst dabei schlimmes Malheur erlitten, habe ich nicht wie jener Advokat, den ich untertänigst nicht mit dem berühmten französischen Schriftsteller Rabelais zu verwechseln bitte, Hut, Rock und Mantel verloren? Habe ich nicht – ‹«
«Höre«, unterbrach hier den Meister Abraham Johannes Kreisler,»höre, Freund, noch jetzt, unerachtet es schon ziemlich lange her ist, spricht man von dem Geburtstage der Fürstin, dessen Feier du angeordnet hast, wie von einem dunkeln Geheimnis, und gewiß hast du nach deiner gewöhnlichen Art und Weise viel Abenteuerliches begonnen. Hielt das Volk dich schon immer für eine Art von Hexenmeister, so scheint dieser Glaube durch jenes Fest noch um vieles stärker geworden zu sein. Sage mir nur geradezu, wie sich alles begeben! Du weißt, ich war damals nicht hier – «